Fachrichtung Psychologie Störungen des Erlebens und Verhaltens Posttraumatische Belastungsstörung PTBS PTSD Definition Trauma Konfrontation mit tatsächlichem oder drohendem Tod oder ernsthafter Verletzung oder Gefahr für eigene oder fremde körperliche Unversehrtheit objektiv ID: 637284
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Prof. Dr. Tanja Michael Fachrichtung Psychologie
Störungen des Erlebens und VerhaltensPosttraumatische Belastungsstörung(PTBS, PTSD)Slide2
Definition Trauma
Konfrontation mit tatsächlichem oder drohendem Tod oder ernsthafter Verletzung oder Gefahr für eigene oder fremde körperliche Unversehrtheit (objektiv)Reaktion: intensive Furcht, Hilflosigkeit oder Entsetzen (subjektiv)
Störungen des Erlebens und Verhaltens- Posttraumatische Belastungsstörung
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Einteilung potenzieller traumatischer Ereignisse (Maercker, 2009)
Typ-I-Traumen
(einmalig/kurzfristig)
Typ-II-Traumen
(mehrfach/langfristig)
Medizinisch bedingte Traumen
Akzidentelle Traumen
schwere Verkehrsunfälle,
berufsbedingte Traumen (z. B. Polizei, Feuerwehr, Rettungskräfte),
kurzdauernde Katastrophen (z. B. Wirbelsturm, Brand)
langdauernde Naturkatastrophen (z. B. Erdbeben, Überschwemmung),technische Katastrophen (z. B. Giftgaskatastrophen)akute lebensgefährliche Erkrankungen,chron. lebensbedroh-liche/schwerste Krankheiten (z.B. Malignome, Schizophr.),notw. Eingriffe (z.B. Defibrillatoren)Interperso-nelle Traumen(man made)sexuelle Übergriffe (z. B. Vergewaltigung),kriminelle bzw. körperliche Gewalt,ziviles Gewalterleben (z. B. Banküberfall)sexuelle und körperl. Gewalt/Missbrauch in der Kindheit bzw. im Erwachsenenalter,Kriegserleben, GeiselhaftFolter, politische Haftangenommener Behandlungsfehler
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PTB-Symptome/-Kriterien
„Klassische“ PTBSA. TraumakriteriumB. IntrusionenD. Vermeidung/Numbing
E.
Hyperarousal
F. Dauer: länger als 1 Monat
G. klinisch-signifikante Beeinträchtigungen
Komplexe PTB-Präsentation,Entwicklungstrauma-StörungTraumakriteriumanhaltende FehlregulationsmusterAffekt- & ImpulsregulationSomatisierungsprobleme
Bewusstseins- & Aufmerksamkeit
interpersonelle Veränderungen
Selbstbildveränderungen
soziokognitive Veränderungen (Orientierungen, Motive; z.B. depressiv)klinisch-signifikante BeeinträchtigungenStörungen des Erlebens und Verhaltens- Posttraumatische Belastungsstörung © Prof. T. Michael Folie 4Slide5
Diagnose-Systematik
ICD-10F43 Akute BelastungsstörungPosttraumatische Belastungsstörung (PTBS)Anpassungsstörungen
F62.0
Andauernde Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung
Ungeklärt:
Pathologische, Komplizierte od. prolongierte Trauer
zukünftiges ICD & DSMAkute Belastungsstörung (?)PTBSAnpassungsstörungen (mit Untertypen)Anhaltende Trauer-Störung
evtl.: komplexe PTBS oder Entwicklungstrauma-Störung
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Hintergrundinformation
Ca. 15% aller Traumaopfer entwickeln eine PTBS (Maercker, Michael et al., 2004)
.
Im Vergleich mit anderen psychischen und physischen Störungen führt PTBS zu besonders schwerwiegenden Beeinträchtigungen
(Alonso et al., 2004)
.Es gibt effektive Therapien:Kognitive Verhaltenstherapie hat die höchste Effektstärke (1.65).
Allerdings erfüllen zwischen 40% und 45% aller Patienten nach Therapieende noch die Diagnosekriterien (Bradley et al., 2005).
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10,1
Kontrollbedingung (15)
17,0
Psychotherapie insg.
Abbrecher
-Raten (%)
12,5
Supportive
Kontakte (8)
11,3
EMDR (10)33,0Exposition plus kognitive Ther. (9)17,2Kognitive Therapien (5)24,1Expositionstherapien (13)*Standards der PTB-Therapie:Meta-Analyse (Bradley et al., 2005)* Anzahl der Studien16,456,4Heilungsrate (%)von Therapie-Beendern39,364,970,056,268,0Trauma- fokussierteTherapieStörungen des Erlebens und Verhaltens- Posttraumatische Belastungsstörung © Prof. T. Michael Folie 7Slide8
Warum Angstsymptome?
Egal wie schnell und weit ich laufe, es holt mich immer wieder ein. Auf einmal starre ich wieder in den Gewehrlauf und höre meinen Kameraden schreien:
„
Don‘t
shoot us, just don‘t shoot
us!“
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Phänomenologie des Wiedererlebens
geringe Anzahl kurzer Fragmente, die stereotyperweise immer wieder auftreten sensorische Impressionen, meist visuelle ErscheinungenUrsprüngliche Gefühle……werden wieder erlebt,…werden im „Hier & Jetzt“ erlebt,…spiegeln oft Szenen wider, die den Beginn des Traumas oder eine Wende zum Schlechteren darstellen,
…treten scheinbar aus dem „Nichts“ auf.
Auslöser sind Stimuli, die während des Traumas anwesend waren.
PD Dr. Tanja Michael
Michael et al.,
Behaviour
Research
and
Therapy (2005); Ehlers, Hackmann & Michael, Memory (2004)Störungen des Erlebens und Verhaltens- Posttraumatische Belastungsstörung © Prof. T. Michael Folie 9Slide10
Bedeutung des Traumagedächtnisses:Forscher
„The most predominant feature of Post Traumatic Stress Disorder (PTSD) is that memories of traumatic experiences remain indelible for decades and are easily reawakened by all sorts of stimuli and stressors.“ (Krystal,
Southwick
and
Charney, 1995)
„Perhaps the hallmark characteristics of PTSD is the the alteration between reexperiencing and avoiding trauma-related memories.“ (
Brewin
,
Dalgleish
and Joseph, 1996)Störungen des Erlebens und Verhaltens- Posttraumatische Belastungsstörung © Prof. T. Michael Folie 10Slide11
Bedeutung des Traumagedächtnisses:
Betroffene„Manchmal denke ich, dass ich es hinter mir gelassen habe, aber dann taucht es einfach wieder auf.“„Jedes mal wenn es wieder kommt, bin ich genau so starr vor Angst wie damals.“
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Fallbeispiel: Ereignis
Eine Frau trifft ihren geschiedenen Mann per Zufall auf der Straße. Er möchte mit ihr sprechen, aber sie hat Angst vor ihm und sagt, dass sie keine Zeit habe und geht nach Hause.Er verfolgt sie und verschafft sich gewalttätig Zugang zum Haus. Dort misshandelt er sie auf brutalste Art und Weise.
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Fallbeispiel: Symptomatik
Wiederkehrende Erinnerungen„Seine Augen starren mich durch den Türschlitz an, gerade bevor er die Tür eintritt.“ (visuell)„Lass mich doch in Ruhe mit deinen Problemen“ (auditiv)AbrufproblemeSie kann sich nicht erinnern, ob sie erst umknickte oder erst um Hilfe bat.Sie weiß nicht mehr, was sie mit ihrem Halstuch tat, als sie das Haus betrat.
Allerdings
Die zentralen Trauminhalte werden normalerweise gut erinnert.
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Standards der PTB-Therapie
„Die Bearbeitung traumatisch fixierter Erinnerungen und sensorischerFragmente ist ein zentraler Bestandteil der Behandlung.“ aus: neuentwickelten S3-Leitlinien zur PTBS der AWMF
Ziele
der
Expositionstherapie:Erfahrung des Aushaltenkönnens negativer
ErinnerungenErfahrung von SicherheitAbbau des Vermeidungsverhaltens und problematischer BewältigungsversucheErarbeitung eines vollständigen Traumagedächtnisses, mit dem die Ereignisse in ihren Kontext eingeordnet werden können
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Ist Nothilfe sinnvoll?
Mythen zur psychologischen Nothilfejeder Betroffene braucht Hilfealle brauchen das Gleiche („one size fits all“)
Reden hilft immer
mehr Reden hilft mehr
es gibt kein Risiko
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Psychological Debriefing
J. Mitchel (1983): Critical incident stress debriefingZiel: emotionale Verarbeitung traumatischer Erfahrungenbegeisterte Aufnahme, viele Modifikationen
A.
Dyregrov
(1989): Psychological
debriefing (PD)Sammelbegriff für psychologische Nothilfe
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Psychological Debriefing: Durchführung
möglichst 48 - 72 Std. nach TraumaGruppen- oder EinzelsettingSitzung wird von 2 geschulten Personen geleitet
Sitzung dauert 1 - 3 Stunden
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3-Jahres Follow-up einer kontrollierten klinischen Studie mit Unfallopfern
Gruppe
Ergebnisse der stark Betroffenen
0
5
10
15
20
25
30
3540Baseline4 Monate3 JahreImpact of Event Scale Debriefing- KontrollgruppeMayou, Ehlers & Hobbs (2000)Störungen des Erlebens und Verhaltens- Posttraumatische Belastungsstörung © Prof. T. Michael Folie 18Slide19
groß
mittel
klein
Mitte, Steil &
Nachtigall (2005)
klein
mittel gross-0,2-0,5-0,8-1,01,00,80,50,20,0-0,160,01Metaanalyse Wirksamkeit von Debriefing im Zeitverlauf0,38EffektstärkeUnmittelbar(<1 Monat)Kurzfristig(1-3 Monate)Mittelfristig(>6 Monate)Störungen des Erlebens und Verhaltens- Posttraumatische Belastungsstörung © Prof. T. Michael Folie 19Slide20
Kognitiv-verhaltenstherapeutische Frühinterventionsverfahren
reduzieren akute Symptomesenken Auftretensrate von chronischer PTBSunklar:optimaler Zeitpunkt für Beginn
(Studien variieren zwischen 24 h und einigen Monaten nach Trauma)
Übersicht bei Michael,
Munsch
& Lajtman
, 2006
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Frühere Erfahrungen/Überzeugungen/ Bewältigungsstrategien
Charakteristika Trauma/Konsequenzen
Zustand des Individuums
Kognitive Verarbeitung während des Traumas
Intrusionen
Erregung
Starke Emotionen
Gegenwärtige Bedrohung
beeinflusst
führt zu
verhindert ÄnderungenCharakteristika des Trauma-gedächtnissesAuslöserInterpretation des Traumas und/oder seiner KonsequenzenDysfunktonales Verhalten / kognitive StrategienChronische PTBModell chronischer PTB: Ehlers & Clark 2000Störungen des Erlebens und Verhaltens- Posttraumatische Belastungsstörung © Prof. T. Michael Folie 21Slide22
Kognitive traumafokussierte Therapie
Interpretationen des Traumas und seiner Konsequenzen werden modifiziertmagisches Denken „Ich ziehe das Unglück an“Selbstabwertung, Scham, SchuldgefühleÄrger, RacheSinnfindung (illusorische -> funktionale)
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Therapeutische Implikationen aus Gedächtnismodell
Wiedererleben tritt scheinbar aus dem „Nichts“ auf, da es auf unbewussten Prozessen beruhtEs beruht auf normalen kognitiven Prozessen.Es ist kein Zeichen von Verrücktheit (wie häufig befürchtet).Die zugrunde liegenden Prozesse sind veränderbar.
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Therapeutische Implikationen aus Gedächtnismodell
Auslöser identifizieren „Damals vs. Jetzt“ Unterscheidung übenInhalt aktualisierenTraumaexposition / Elaboration des Trauma-GedächtnissesEntsprechende Therapiestudie weist auf eine
hohe Akzeptanz und Effektivität
dieser Interventionen hin:
ES > 2.2; weniger als 28% der Patienten erfüllen nach Therapieende noch die Diagnosekriterien.
(Ehlers, Clark, Hackmann,
McManus, Fennell, 2005)
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Wer hat diesen Meilenstein vollbracht?
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Was tun bei komplexer PTB-Präsentation/Entwicklungstrauma-Störung?
Therapiephasen (nach Janet, 1890)Sicherheit (Stabilisierung
)
Erinnerung
(Exposition,
Traumabearbeitung)Integration
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Kontroverse Stabilisierung
bei komplexer PTBS bzw. Entwicklungstrauma- Störung kann sie indiziert seinersetzt nicht die TraumaexpositionWegfall einer nachfolgenden
Traumabearbeitung
muss gut begründet sein, nicht aufgrund falsch
verstandener Retraumatisierungs-Furcht
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Komplexe PTBS: Therapienstudien
Deutschland
Psychodynamisch imaginative Trauma-Therapie PITT
(
Reddemann
)
Lampe et al., 2008
n=127: weibl.
sex. Missbr. u. Vernachlässig
i. d. Kindheit
non-random. CTSehr schwacher Effekt für PITT vs. übliche TherapieUSASkills training(STAIR) plus Trauma-expositionCloitre et al. 2002n=58: weibl. sex. u. phys. Kindheits-MissbrauchRCTMittlere Effekte vs. Wartegruppe dramatischer weiterer ForschungsbedarfStörungen des Erlebens und Verhaltens- Posttraumatische Belastungsstörung
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STAIR: Skills Training in Affective
and Interpersonal Regulation + Exposition
2 Phasen-Therapie
1. Phase
2. Phase
Stabilisierung
Affektregulation
Interpersonelle Kompetenzen
Expositions-
therapie
Exposition in sensuZusätzliche Stabilisierungs-einheitenIntegration der Affektregulations-strategien aus Phase 1Cloitre et al. (2002)Störungen des Erlebens und Verhaltens- Posttraumatische Belastungsstörung © Prof. T. Michael Folie 29Slide30
Take Home-Botschaften
für den Kernbereich der PTBS-Therapie sehr
gute
Erfolge„Klassische“ PTBS: traumafokussierte VerfahrenKomplexe Präsentationen: Traumaexposition
/-bearbeitung im Rahmen des Gesamtbehandlungsplans
Störungen des Erlebens und Verhaltens- Posttraumatische Belastungsstörung
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